Wie lautet die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest? – Wer die Science-Fiction-Persiflage „Per Anhalter durch die Galaxis“ kennt, weiß die Antwort. In der Geschichte gibt es den Computer Deep Thought. Er wurde gebaut um die Antwort errechnen. Nach 7,5 Millionen Jahren ist der Rechner fertig und spukt die Antwort aus: 42. Die Auftraggeber sind natürlich unzufrieden, aber Deep Thought sagt: Dann war eben die Frage unklar formuliert. – Wie also lautet die richtige Frage? Um die Frage zu finden, wird eine noch größerer Computer konstruiert. Es ist die Erde. Dieser Supercomputer rechnet mit lebendigem Material. Wir sind das Rechenmaterial und tragen die richtige Frage quasi in uns. Der Roman von Douglas Adams ist eine Karikatur des menschlichen Suchens und Fragens. „Was ist Sinn des Lebens?“ – Keine Ahnung. Die Frage ist falsch gestellt.

Religionen sind eine Form, über den Sinn des Lebens nachzudenken. Die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel versucht sich zum Beispiel an der Antwort auf die Frage: Warum gibt es uns Menschen? – Nun, weil Gott uns erschaffen hat, als sein Ebenbild und Gegenüber. Die Schöpfungsgeschichte erzählt, warum wir da sind. Sie sagt aber nichts über den Sinn des Lebens. In der Bibel finden wir auf diese Frage keine Antwort. Vielleicht ist wirklich die Frage falsch gestellt.

Es gibt im Neuen Testmanent eine Geschichte, die man als Einladung lesen kann, die Frage anders zu stellen: Nicht „Warum lebe ich?“, sondern „Wofür lebe ich?“

Eines Tages stand Jesus am Ufer des Sees von Gennesaret. Die Menschen drängten sich um ihn und wollten Gottes Botschaft hören. Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und reinigten ihre Netze. Er stieg in das eine, das Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück vom Ufer abzustoßen. Dann setzte er sich und sprach vom Boot aus zu der Menschenmenge. Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: »Fahr hinaus auf den See und wirf mit deinen Leuten die Netze zum Fang aus!« Simon erwiderte: »Herr, wir haben uns die ganze Nacht abgemüht und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, will ich die Netze noch einmal auswerfen.« Sie taten es und fingen so viele Fische, dass die Netze zu reißen drohten. Sie mussten die Fischer im anderen Boot zur Hilfe herbeiwinken. Schließlich waren beide Boote so überladen, dass sie fast untergingen. Als Simon Petrus das sah, warf er sich vor Jesus nieder und bat: »Herr, geh fort von mir! Ich bin ein sündiger Mensch!« Denn ihn und alle anderen, die bei ihm im Boot waren, hatte die Furcht gepackt, weil sie einen so gewaltigen Fang gemacht hatten. So ging es auch denen aus dem anderen Boot, Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Jesus aber sagte zu Simon: »Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du Menschen fischen!« Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten Jesus.

Lukas 5,1-11 Gute Nachricht Bibel

Man kann annehmen: Simon, Jakobus, Johannes, sind Fischer, wie ihre Vorfahren. Sie leben ihr Leben in vorgeprägten Bahnen. Tag für Tag die gleichen Routinen: Nachts rausfahren, fischen, Morgens zurückkommen, den Fang verkaufen, Netze waschen und flicken, schlafen, dann wieder rausfahren … Jesus konfrontiert sie mit einer Frage: „Ist es das, womit ihr eure Lebenszeit verbringen wollt? Ist es das, wofür ihr leben wollt?“ Die drei Männer brechen radikal mit ihrem bisherigen Leben. Die Frage nach dem Sinn des Lebens führt nicht weiter. Entscheidend ist die Frage: Wofür lebe ich? Darin ist der Sinn des Lebens verborgen.

Einen guten Hinweis darauf, wofür wir leben, liefern unsere Lebensträume. Im Konfi-Unterricht frage ich irgendwann die Konfis: Wovon träumst du in deinem Leben? Was denkst du, gehört zu einem guten Leben? Die Antworten ähneln sich sehr stark: Familie, Freunde, einen Beruf zu finden, der Spaß macht; genug Geld haben, um sich Wünsche erfüllen zu können … lch vermute: Wenn ich Ihnen, die gleiche Frage stellen würde, wäre die Antwort ähnlich. Vielleicht käme, je nach Alter, noch ein weiteres Stichwort dazu: Gesundheit. Es sind verständliche Wünsche. Allerdings ist zeigt die Erfahrung: Manchmal fühlen Menschen sich leer und unerfüllt fühlen, obwohl sie Familie und Freunde haben, einen guten Job, der genug Geld abwirft, gesund sind. Das Problem ist, glaube ich, dass die spontanen Antworten zu klein gedacht sind. Sie sind zu sehr bezogen auf das eigene, kleine Glück. Irgendwann taucht die Frage auf: „Soll es das schon gewesen sein, das Leben? Ist es das schon alles?“ Lebensträume machen sichtbar, wofür ich lebe.

Es gibt ein Lied, das ich sehr mag: The Summons. Es stammt aus der Iona Abbey, das ist eine Art schottisches Taizé. „The Summons“ bedeutet soviel wie „der Ruf“. In diesem Lied stellt Jesus 13 Fragen. Das Lied ist gewissermaßen eine entfaltete Version der Frage, mit der Jesus die Jünger konfrontiert. Die Fragen zielen auf ein anderes Leben, auf einen anderen Lebenstraum.

Bist du bereit, dich ins Unbekannte zu wagen?
Bist du bereit, etwas von dir aufzugeben?
Bist du bereit, dich anfeinden zu lassen
für den Traum von einer anderen Welt?
Bist du bereit, dafür zu leben?

In evangelikalen Gemeinden gibt es den sog. „Ruf zum Altar“ oder den „Ruf zur Entscheidung“. The Summons meint eigentlich genau diese Situation. Allerdings geht es in evangelikalen Gemeinden meist darum, in einer dramtischen Form nach der Predigt sein Leben an Jesus zu übergeben und in eine persönliche Gottesbeziehung zu treten. Für mich ist das Problem dabei, dass mir auch das viel zu eng gedacht ist. Es ist zu sehr bezogen auf das eigene Heil und die eigene Seligkeit.

Das Iona-Lied schlägt einen anderen Grundton an. Iona steht in einer liberalen Tradition, die mir näher liegt. Auch „The Summons“ lädt ein, Jesus nachzufolgen. Aber der Grundton ist: Bist du bereit zu einem Glauben, der von einer anderen Welt träumt, und bist du bereit, dafür zu leben – obwohl dir das einiges abverlangen wird. Für mich steckt darin auch die Frage, ob man sich gemeinsam mit anderen auf den Weg machen will. Jesus baut ja auch keine Beziehung zu den einzelnen Jüngern auf; er ruft die Jünger dazu auf, einen gemeinsamen Weg zu gehen.

In der letzten Woche habe ich in der Predigt nach ansteckendem Glauben gefragt. Ein christlicher Glaube der wichtig ist für die Zukunft, muss zeigen können, was unser Glaube mit dem Leben hier und heute zu tun hat. Für mich ist dabei der Theologe Paul Tillich ein wichtiger Gesprächspartner. Tillich schrieb einmal: Sinn kann man in großen und kleinen Dingen finden, aber der Sinn des Lebens ist nicht festgelegt und für alle gleich. Aber es gibt ein Symbol für den Sinn des Lebens: Gott. An Gott glauben heißt: „den Mut haben, Ja zu Leben zu sagen“[1]. Dass Gegenteil wäre Angst und Sorge: Angst, zu scheitern. Angst zu sterben. Die Sorge, nicht gemocht zu werden. Die Sorge, nicht genug zu haben oder etwas zu verpassen. Die Sorge, dass alles immer schlimmer wird …

Klar, es gibt genug Grund für Angst und Sorgen. Ich nenne nur eine paar aktuelle Schlagworte: Corona, Klimawandel, Wirtschaftskrise, gesellschaftliche Spaltung, wachsende politische Spannungen. In „The Summons“ fragt Jesus: „Wirst du die Angst bezwingen und durch deinen Glauben die Welt um dich herum erneuern?“ Das bewirkt die Kraft des Lebens, die wir Gott nennen. Tillich meint sogar: Ja zum Leben sagen ist Glaube, sogar für die, die sagen, sie glauben nicht an einen Gott. Denn Glauben heißt: Dem Leben in die Arme springen, weil man eine Ahnung davon hat, wofür man lebt.

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[1] „Man kann den Sinn finden in kleinsten und größten Dingen. Der Sinn kann niemals definiert, fest umschrieben oder gar griffig gehandhabt werden. Für mich ist Gott das grundlegende Symbol für den Sinn des Lebens. Er ist die Kraft des Seins. Daran glauben wir, wenn wir den Mut haben, Ja zu unserem Leben zu sagen, selbst wenn wir in unseren Worten die so genannte „Existenz Gottes“ verneinen.“