Die erste Beerdigung in Münster führte mich heute auf einen Friedhof, den ich noch nicht besichtigt, aber von dem ich schon einiges gehört hatte: den Waldfriedhof Lauheide. Er liegt nordöstlich von Münster hinter Handorf. Kommunal gehört das Areal zwar zu Telgte und zum Kreis Warendorf, aber das Land hat die Stadt Münster bereits 1929 erworben, um dort einen neuen Friedhof zu errichten. Die kurze Stipvisite zeigte: Der Friedhof gehört nicht ohne Grund zu den schönsten Friedhöfen Deutschlands.

Der Name „Lauheide“ deutet einmal auf eine Heidellandschaft hin, zum anderen auf einen alten Lohwald („Lau“ ist das niederdeutsche Wort für „Lohe“), in dem Baumrinde und Blätter zum Gerben von Leder gewonnen wurde. Wahrscheinlich wurde der Bereich schon in der Jungsteinzeit als Ort für Begräbnisse genutzt. Drei Grabhügel aus dieser Zeit sowie Urnenfunde aus der Bronze- oder Eisenzeit deuten darauf hin.

Gräberfeld auf dem Waldfriedhof Laufheide

Die Konzeption der Anlage stammt von Landschaftsarchitekt Karl Ludwig Schreiber aus den 1930er Jahren. Der Hamburger Friedhof Ohlsdorf dürfte dabei Pate gestanden haben. Rund 800 Beerdigungen finden jährlich auf dem 84 Hektar großen Waldfriedhof statt. Es ist, wie man unterstreichen muss, kein Friedwald, sondern ein Friedhof in einer großen Waldparkanlage. Insgesamt gibt es 35.000 Grabstellen mit vielfältigen Bestattungsmöglichkeiten: Verschiedene Möglichkeit der Sarg- und Urnenbestattung, anonyme Bestattungen, ein Aschestreufeld, einen Sternenkinderfeld und Gräber für Menschen, die ihren Leichnam der Anatomie der Uni Münster zur Verfügung gestellt haben. Ein kleine Broschüre informiert ausführlich über Bestattungsmöglichkeiten und das Friedhofskonzept.

Übersichtskarte vom Waldfriedhof

Offiziell in Betrieb genommen wurde der Waldfriedhof 1942, auch wenn bereits ab 1940 gefallene Soldaten dort beigesetzt wurden. Neben deutschen Weltkriegssoldaten sind auch polnische und russische Zwangsarbeiter hier begraben sowie britische Soldaten, die in den letzten Kriegswochen im Münsterland fielen oder während der Besatzungszeit starben. Insofern ist der Friedhof auch ein Gedenkort deutscher und europäischer Geschichte. Heute ist der Friedhof auch interkonfessionell und interreligiös ausgerichtet. So ist es zum Beispiel möglich, dass Muslime in einem Tuch in einem nach Mekka hin ausgerichteten Bereich beigesetzt werden können.

Sehr schön ist die große Trauerhalle gleich am Anfang des Friedhofs, die auch über eine beeindruckend gute Akkustik verfügt. Das konnte ich in besonderer Weise dadurch feststellen, dass ich während der Trauerfeier allein drei Choralstrophen gesungen habe. Ein Gemeindegesang ist aktuell ja auch bei Trauerfeiern wegen der Corona-Pandemie nicht möglich. Im ersten Moment war ich erschrocken über den vollen, klaren Klang meiner Stimme in diesem großen Raum. In Trauerhallen bin ich es eher gewohnt, das die Akkustik trocken ist und viel Klang schluckt. Es wundert mich daher nicht, dass die Trauerhalle auch für Konzerte genutzt wird.

Blick in die Trauerhalle

Letztes Jahr habe ich den Ohlsdorfer Friedhof besucht und dort einige Zeit verbracht. Der Besuch heute im Waldfriedhof Lauheide war nur eine Stippvisite. Ich denke, ich werden demnächst mal einen Ausflug dorthin machen – ohne Beerdigung. Dann wird Zeit sein, sich mehr anzusehen.