In mehreren Gesprächen in den letzten Tagen ging es um die Frage, ob Gremmendorf und Angelmodde ein Zentrum haben und ob das Gemeindehaus der Friedens-Kirchengemeinde so ein Zentrum sein kann. Die meisten sagten, dass ein solches Zentrum fehlt. Viele würden sich dann doch zur Stadt hin orientieren. Manche meinten, dass in Zukunft das York Quartier mit dem Bürgerhaus und den Einkaufsmöglichkeiten so ein Zentrum werden könnte. Ich habe mich gefragt: Was ist eigentlich das Zentrum unserer Gemeinde? Ein guter Anlass, nochmal in die Gemeindekonzeption zu blicken.

Natürlich habe ich bei meiner Bewerbung einen Blick in das mittlerweile acht Jahre alte Papier geworfen. Eine Gemeindekonzeption beschreibt, wie sich eine Gemeinde selbst versteht. Auch wenn oft versucht wird, viele Menschen an der Entstehung einer solchen Konzeption zu beteiligen: In der Regel beschreibt das Leitungsgremium, also das Presbyterium, wie sie die Gemeinde verstehen. Das ist dazu wichtig, um – etwas klischeehaft ausgedrückt – zu wissen, woher man kommt, wo man aktuell steht, und wohin man will.

In der Gemeindekonzeption von 2012 stellt die Friedens-Kirchengemeinde sich unter ein Leitbild, das die Buntheit des Gemeindelebens betont: „In dieser Gemeinde geben wir der Vielfalt des Lebens Raum.“ Konkretisieren soll sich dies darin, „dass wir den Menschen aufgeschlossen begegnen, ungeachtet der Altersgruppe, des Geschlechts, des sozialen Status‘, der Bildung, der Lebenssituation, der kirchlichen Anbindung oder Vorprägung“. Orte und Räume, in denen sich dies äußern soll, sind die „vielfältigen Begegnungen im Ortsleben, in der Ökumene und Diakonie, im sozialen Engagement und im persönlichen Kontakt“.

Nach meiner Wahrnehmung trifft dieses Beschreibung noch immer ganz gut die Situation in der Friedens-Kirchengemeinde. Wer das Überblicksheft „kurz und bündig“ von 2019 zur Hand nimmt, bekommt auf 64 Seiten eine überwältigende Anzahl von Angeboten präsentiert, die der Friedenskirche und im Gemeindehaus ihren Ort haben. Erste Eindrücke dazu hatte ich schon an Tag 5 geschildert: Das Gemeindehaus will ein „Haus voller Leben“ sein.

Bei dieser Fülle an Angeboten, vom Gottesdienst über CVJM-Gruppen und „Böhmisches Klöppeln“ bis zum Yoga-Kurs, stellt sich natürlich die Frage nach dem Zentrum. Darauf gibt die Konzeption eine Antwort: „Jesus Christus ist die Mitte unserer Gemeinde.“ Als biblischen Leitvers wählte man damals Mt 18,20b „… da bin ich mitten unter Euch!“ Es ist der berühmte Satz, der damit beginnt, dass wo zwei oder drei in Jesu Namen versammelt sind, er mitten unter ihnen ist.

Es ist das Privileg von jemandem, der von außen kommt und den Prozess der Konzeptionsentstehung nicht mitgemacht hat, Fragen zu stellen: Woran sieht man eigentlich, dass Jesus Christus das Zentrum der Friedens-Kirchengemeinde ist? Und wie wirkt sich dieser Leitsatz eigentlich auf Entscheidungen aus, die z.B. ein Presbyterium fällen muss? Die wichtigste Fragen, die ich mir stelle: Warum wurde eigentlich nicht das naheliegende Motiv des „Friedens“ gewählt , z.B. „Meinen Frieden gebe ich euch!“ (Johannes 14,27b) oder „Haltet Frieden mit allen Menschen!“ (Röm 12,18b)?

Was ist eigentlich das Zentrum? Die Frage steht auch morgen in der Predigt im Zentrum. Predigttext für den morgigen Sonntag ist Römer 12. Ich nehme zwar auf diesen Text Bezug, aber das eigentliche Thema ist, warum christlicher Glaube seine ursprüngliche Ansteckungskraft verloren hat. Vielleicht, weil es uns immer schwerer fällt zu sagen, was eigentlich das Zentrum christlichen Glaubens ist? Die Predigt morgen wird dabei der Auftakt sein zu einer kleinen Predigtreihe, die sich an Fragen eines Liedes von Fritz Baltruweit orientiert:

  • Wofür wollen wir leben? (12. Juli)
  • Warum können wir glauben? (19. Juli)
  • Wie sollen wir handeln? (26. Juli)
  • Was heißt christlich glauben? (2. August)