Heute morgen lagen zum ersten Mal die Westfälischen Nachrichten bei mir auf dem Tisch. Im Moment habe ich ein Probe-Abo der Regionalausgabe für Münster, Hiltrup, Amelsbüren, Wolbeck und Angelmodde. Zeitunglesen gehört für mich als Person zum Frühstück dazu. Und als Pfarrer möchte ich gerne informiert sein über das, was in der Stadt passiert, in der ich lebe und arbeite. Klar, dass ich auch das ePaper lese, aber zum wirklichen Lesegenuß gehört für mich Papier. Heute bin ich also erstmals bei einer Tasse Tee durch die hiesige Zeitung geschlendert. Da traf es sich ganz gut, dass ich am Nachmittag einen Termin in der Lokalredaktion der WN in Hiltrup hatte.

Ich hatte mich schon früher ein wenig darüber informiert, welche Zeitungen es in Münster denn gibt. Nominell sind es zwei, die Westfälischen Nachrichten und die Münstersche Zeitung, aber de facto gehört die Münstersche Zeitung inzwischen zum gleichen Verlagshaus wie die Westfälischen Nachrichten, dem Aschendorff Verlag. Bei der Lektüre des Wikipedia-Artikels zur Münsterschen Zeitung erinnerte ich mich wieder daran, dass es 2007 einen ziemlichen Skandal um die rabiate Umstrukturierung der Redaktionsarbeit in der MZ gab. Wohl aus wirtschaftlichen Gründen war seinerzeit die komplette Redaktion gegen ein neues Team ausgetauscht worden, was allerdings den Niedergang der Zeitung durch Leserproteste und Abo-Kündigungen offensichtlich nur beschleunigte. 2014 bekam der Aschendorff Verlag grünes Licht, die MZ übernehmen zu dürfen. So entstand zwar ein Zeitungsmonopol in der Stadt, aber das wäre auch geschehen, wenn die MZ insolvent gewesen wäre, wie der SPIEGEL berichtete. Ich habe mich letztlich für die WN entschieden, die ich jetzt erstmal probelesen darf.

Den ersten Kontakt zu den Westfälischen Nachrichten hatte ich im Februar, kurz nach meiner Wahl zum neuen Pfarrer der Friedens-Kirchengemeinde. Damals hatte WN-Redakteur Markus Lütkemeyer mit Beate Herbers als Presbyeriumsvorsitzender und mir als künftigem Pfarrer über die Pfarrwahl gesprochen und einen größeren Artikel dazu geschrieben. Wir hatten dann vereinbart, dass wir uns nach meinem Dienstantritt wieder sprechen. Mein Interesse war und ist dabei, auch etwas über die Arbeit der Lokalredaktion und die Westfälischen Nachrichten selbst zu erfahren. Zudem wollte ich gerne wissen, was die Redaktion denn von uns als Kirchengemeinde für eine gute Zusammenarbeit benötigt.

Als ich heute Nachmittag die Räume der Lokalredaktion in Hiltrup besucht habe, war erfreulicherweise wieder Markus Lütkemeyer mein Gesprächspartner. So konnten wir leicht den Gesprächsfaden von vor über vier Monaten aufnehmen. Dieses Mal saßen wir uns allerdings fast schon als Kollegen gegenüber (ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen), denn nicht nur Markus Lütkemeyer wollte einen Artikel über das Gespräch schreiben, sondern ich ebenfalls, nur in kleinerem Rahmen, nämlich für diesen Blog.

Interessant war für mich zunächst einmal, die Struktur der Zeitungsausgabe selbst zu verstehen. Man muss sich beim Abo nämlich entscheiden, welche der zahlreichen Ausgabenvarianten auf welchem Weg man erhalten will. Hilfreich zu wissen ist: Es gibt gewissermaßen eine Grundausgabe, die einen Münsteraner Überblicksteil über die Stadtteile enthält. Die Stadteilausgaben enthalten statt dessen einen einen ausführlichen Regionalteil über ihr Quartier. Gremmendorf zählt dabei zur Stadt, Angelmodde hingegen als Stadteil. Mein Pfarrbezirk ist zeitungstechnisch also zweigeteilt. Grundsätzlich sind die „Bücher“ der WZ aufgebaut in der Reihenfolge Mantelteil, Sportteil, Münsterischer Anzeiger und Stadtteilausgabe.

Spannend ist natürlich auch die Entstehung der Gesamtausgabe. Der Regionalteil zu Hiltrup, Amelsbüren, Wolbeck und Angelmodde entsteht vollständig in den Hiltruper Redaktionsräumen und wird dann über das digitale Netz an die Zentrale übermittelt, wo die einzelnen Ausgaben zu einer Gesamtausgabe zusammengefügt werden. Bei einer Zeitungsführung kann man sich das genauer zeigen lassen – allerdings nicht im Moment, weil coronabedingt keine Führungen angeboten werden.

Corona war natürlich insgesamt ein wichtiges Thema unseres Gesprächs. Einerseits im Blick darauf, wie es ist, unter diesen Bedingungen eine Gemeinde zu verlassen und in einer anderen neu zu beginnen. Zum Anderen aber auch im Blick auf die Arbeit in der Redaktion, denn natürlich schlägt auch hier Corona mächtig ins Kontor. Viele Gruppen treffen sich nicht. Veranstaltungen finden nicht statt. Es gibt also weniger zu berichten, obwohl natürlich gleichzeitig viel passiert, weil in der Stadt und im Stadtteil unabhängig von Corona viel im Umbruch ist. Da allerdings Inserenten aktuell zurückhaltend agieren, spürt eine Zeitung das auch unmittelbar finanziell. In Kirchen und Gemeinden wird sich der Effekt erst verzögert auswirken, weil die Kirchensteuer an die Einkommessteuer gebunden ist, und Veränderungen in diesem Bereich sich verzögert auf die kirchlichen Finanzen auswirken.

Nach und nach kehrt aber in der Gemeinde wie in der Redaktion – langsam und verhalten zwar, aber doch zu spüren – so etwas „Normalität“ zurück. Gemeindegruppen beginnen sich wieder zu treffen. Veranstaltungen finden allmählich wieder statt. Geschäfte sind geöffnet und eine wirtschaftliche Rekonvaleszenz setzt ein. Damit gibt es für die Zeitung wieder mehr zu berichten. Geschäftsleute inserieren hoffentlich wieder – und tragen so mit dazu bei, dass es so etwas wie „Öffentlichkeit“ durch die Zeitung überhaupt erst gibt. Ich freue mich auf jeden Fall auf die Zusammenarbeit, auf die morgendliche Zeitungslektüre und bin gespannt, wie Markus Lütkemeyer über unser Gespräch berichtet.