Wolbeck – das muss ich gestehen – habe ich erst seit der Tatort-Folge „Das Wunder von Wolbeck“ auf dem Schirm. Die Folge lief 2012. Irgendwann danach lenkte mich ein neues Navi über Wolbeck nach Münster. Seitdem bin ich meistens über die Wolbecker Straße nach Münster gefahren. Bei einer Fortbildung im vergangenen Jahr lernte ich dann den Wolbecker Kollegen Christian Plate kennen. Zu dem Zeitpunkt war die Pfarrstelle an der Friedenskirche schon ausgeschrieben, und ich konnte mir eine Zusammenarbeit mit ihm sehr gut vorstellen. Heute habe ich dort meinen Antrittsbesuch gemacht und mehr über die Ev. Kirchengemeinde Wolbeck und die Kooperation mit der Friedenskirchengemeinde erfahren.

Die Wolbecker Gemeinde ist so etwas wie die ältere Schwester der Friedenskirchengemeinde. Sie hat ihren Ursprung in ersten evangelischen Gottesdiensten seit 1920. Versorgt wurde der Diasporabezirk durch die damalige Ev. Kirchengemeinde Münster, wie auch die ab 1928 entstehende Gremmendorfer Gemeinde. Mit dem Wachstum durch Flüchtlinge und Vertriebene entstand, wie schon angedeutet, ein großer ev. Pfarrbezirk auf dem Gesamtgebiet beider Gemeinden. 1954 wurde dann eine eigene Pfarrstelle für diesen Bereich geschaffen.

Zwei Jahre zuvor war als erste Kirche des großen Bezirks die Friedenskirche errichtet worden. 1956 kam die Gnadenkirche in Albersloh hinzu. 1965 folgte der Bau der Christuskirche in Wolbeck, geplant durch den Architekten Heinrich Otto Vogel. Dem Bau liegt ein interessantes architektonisches Bild- und Symbolkonzeptzugrunde. Der quadratische Grundriss spielt auf das Himmlische Jerusalem an. Fenster- und Türöffnungen, die Platzierung des mit vier Steinen geschmückten Taufsteins unter dem spitz zulaufenden Dach sind einige der Andeutungen, die Vogel in dem Bau verarbeitet hat. 1979 wurde der Bezirk aufgeteilt in die Kirchengemeinde Wolbeck und neue Friedenskirchengemeinde.

Nach dem Wechsel von Pfarrerin Helga Wemhöner kam Christian Plate zunächst für den Probedienst nach Wolbeck. In dieser Zeit begann ein Gemeindeberatungsprozess, bei dem überlegt werden sollte, wie beide Gemeinden in Zukunft wieder stärker zusammenarbeiten können. 2018 haben beide Presbyterien eine engere Kooperation verabredet und seitdem eine ganze Reihe von gemeinsamen Projekten auf den Weg gebracht: eine Gemeindeband wurde gegründet, die Frauenhilfsarbeit wurde verzahnt, es gibt regelmäßig gemeinsame Presbyteriumssitzungen und einmal jährlich einen Kooperationsgottesdienst an allen drei Gottesdienststationen der beiden Gemeinden. Die Pfarrstelleninhaber unterstützen und vertreten sich gegenseitig und Pfarrer Plate übernimmt bestimmte Aufgaben im Bereich der Friedens-Kirchengemeinde.

Lukas beschreibt in der Apostelgeschichte das gemeindliche Miteinander als sehr innig: sie waren „ein Herz und eine Seele“, wie es im Predigttext für den kommenden Sonntag heißt. Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Kooperation gerade einen kleinen Dämpfer erhalten hat. Da die Kooperation auch finanzielle Auswirkungen hat, setzt das Presbyterium der Friedenskirchengemeinde hinter die jetzige Form der Zusammenarbeit ein Fragezeichen. Beate Herbers hat als Presbyteriumsvorsitzende im letzten Gemeindebrief der aktuellen Finanzdruck der Gemeinde ausführlich dargestellt. Es sind komplizierte landeskirchliche Umstellungen, die viele Gemeinden in Westfalen aktuell vor die gleichen Probleme stellen (davon ist vielleicht an anderer Stelle noch zu reden). Für die Friedenskirchengemeinde und die Wolbecker Gemeinde wird es in den nächsten Monaten darum gehen im Gespräch miteinander gute Lösungen für eine gemeinsame Zukunft zu finden. Das Gespräch mit Christian Plate bestärkt mich in der Zuversicht, dass das auch gelingen wird. Dazu wird es vielleicht gut sein, sich am Bild von der Gemeinde als „ein Herz und eine Seele“ zu orientieren.

P.S.: Vor ein paar Tagen habe ich dazu eingeladen, sich per Kommentar oder E-Mail mit eigenen Gedanken zum Predigttext und zur Finanzsituation in die Predigtvorbereitung einzubringen. Einige wenige Rückmeldungen habe ich per Mail erhalten. Wenn Sie die Überlegungen dieses Blogeintrags zu einem Predigt-Kommentar bewegt, notieren Sie des doch unter dem Eintrag zu Tag 8 oder schicken Sie mir eine E-Mail.